Digipro

Dombauhütte Xanten

Kirchengebäude sind nicht nur wegen ihres Altertums, sondern auch wegen ihrer Größe und der vielen Kunstwerke sehr pflegeintensiv. Für Restaurierungsbetriebe ist es deshalb wichtig, genau zu wissen, in welchem Zustand das Gebäude sich befindet und welche Schadstoffe das Gebäude negativ beeinflussen. Um dies zu messen, hat die Dombauhütte Xanten, zusammen mit der Hochschule Düsseldorf und dem niederländischen Partner Opliones 3D B.V., ein spezielles Sensorsystem entwickelt, mit der sie den Zustand des Xanter Doms genau überwachen können. Johannes Schubert, Leiter der Xanter Dombauhütte: „Moderne Technologien werden immer wichtiger, wenn es um den Erhalt älterer Kirchen und historischer Gebäude im Allgemeinen geht.“

Begrenzte finanzielle Ressourcen

Schubert: „Die Dombauhütte unterscheidet sich insoweit von einem normalen Restaurierungsbetrieb, dass wir kein Gewerbebetrieb sind, sondern ein gemeinnütziger, von einem Verein getragener Betrieb, der ausschließlich für den Xantener Dom arbeitet. Die zwei Abteilungen der Dombauhütte, nämlich die Stein- und Glaskonservierung, können zwar ihre Kernaufgaben ausführen, allerdings ist es für uns schwierig, innovative Ideen umzusetzen oder Forschung zu betreiben.“

Kampf gegen die Auswirkungen des Klimas

„Nicht nur im Äußeren, sondern auch im Inneren Umfeld des Xantener Doms haben wir mit dem problematischen Einfluss des Klimas zu kämpfen. In den letzten Jahren sind wir immer wieder auf Probleme gestoßen: Schimmelpilzbefall, Feinstaub, bestimmte Gase usw. Das hat Auswirkungen auf die Kunstwerke gehabt, bis zu ganz massiven Schädigungen. Wir wollten unbedingt herausfinden, in welchen Zusammenhängen diese Veränderungen stehen. Hat das nur mit der Temperatur oder Feuchtigkeit zu tun, vielleicht auch mit dem Verhalten der Besucher oder dem Besucherstrom?  Das führte dazu, den Einsatz von elektronischen Hilfsmittel zu nutzten, um diese Phänomene widerspiegeln können. Das wollten wir mit einer wissenschaftlichen Auswertung verbinden, für die die Hochschule Düsseldorf, einer unser Kooperationspartner, zuständig ist. Wir haben uns auch mit der gotischen Saalkirche in Doetinchem ausgetauscht. Sie hatten beispielsweise mehr Probleme mit der Orgel, aber wir mehr mit den Altären.“

Spezialsensorsystem

Innerhalb des Digipro-Projektes hat die Dombauhütte ein spezielles Sensorsystem entwickelt, das eine schnelle und umfangreiche Analyse verschiedener Parameter ermöglicht: „Die Sensorik gibt es in der Denkmalpflege schon sehr lange, aber das sind Datenlogger-Systeme mit begrenzten Möglichkeiten. Das Problem ist allerdings, dass wir die Phänomene, die einen schädigenden Einfluss haben, viel zu spät erkannt haben. Wir haben unser Datenlogger-System oft erst nach einem Viertel- oder Halbjahr ausgelesen und haben dann gemerkt: Da ist was passiert.“

„Das was wir bei Digipro gemacht haben, gibt es im Bereich der Denkmalpflege noch nicht, nämlich ein umfangreiches Messsystem, mit verschiedenen Sensoren, das eine Echtzeitanalyse ermöglicht. Das war bisher, sowohl technisch als auch finanziell gesehen, noch nicht möglich für uns. Jetzt können wir Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit und flüchtige Kohlenwasserstoffe, die zum Wachstum des Schimmels beitragen, messen. Auch können wir, anhand von sehr kleinen Sensoren, die an zehn großen Fenstern der Kirche angebracht sind, die Luftdruckunterschiede zwischen Innen und Außen messen. So lernen wir etwas über die Luftströmungen innerhalb des Doms. All diese Informationen werden unmittelbar an die Cloud übermittelt und die Informationen aus dieser Cloud sind mit einem visualisierten Modell verknüpft. Somit können wir die Daten direkt interpretieren und wenn bestimmte Werte zu hoch sind, wie z. B. die Temperatur, erhalten wir sofort eine Warnmeldung.“

Niederländischer Partner

„Da wir uns mit technologischen Anwendungen nicht sehr gut auskennen und auch nicht über die entsprechenden Kontakte verfügen, haben wir uns an den MCC gewandt, der für die Koordination des Digipro-Projektes auf deutscher Seite zuständig ist. Letzendlich haben sie uns mit dem niederländischen Unternehmen Opiliones 3D B.V. in Kontakt gebracht, das auf die Fertigung von 3D-Kunsstoffteilen spezialisiert ist. Im Projekt hatten sie die Rolle, die Sensoren auf kleine Plattformen zu bringen und die Anschlüsse zu entwickeln. Das war eine große Herausforderung, da die Plattformen genau unseren Wünschen entsprechen mussten. Diese sollten nämlich nicht sichtbar sein und müssen sehr sensibel angebracht werden. Das Positive einer solchen Zusammenarbeit ist, dass sich auch andere Ideen entwickeln. Im Moment denken wir darüber nach, den Xantener Dom mittels eines 3D-Modell nachzubilden, damit wir Simulationen vornehmen können.“

Möglichkeiten der Digitalisierung

Schubert ist überzeugt, dass die Digitalisierung noch viele weitere Möglichkeiten für den Erhalt des Doms bietet: „Insbesondere der Einsatz von KI wird in Zukunft eine große Rolle spielen, denn es nutzt nichts Daten nur zu erheben, sondern man muss sie auch vernünftig auswerten können. Bislang sind wir als Menschen eine Schwachstelle, die zu einer zu hohen Fehlerquote führt. Wenn wir unsere Daten mit automatisierten Lösungen verknüpfen können, können wir viele Fehler vermeiden. Ein Beispiel dafür ist, dass die Feuerwehr alarmierende Daten direkt über unser System erhält und entsprechende Maßnahmen ergreifen kann. Wenn wir unser historisches Kulturerbe für die Zukunft erhalten möchten, müssen wir über geeignete Lösungen nachdenken. Was wir in diesem Projekt gemacht haben, ist nur ein Anfang.“